The joy of Maritime Mobile

Amateurfunk auf Charteryachten

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Im Juni 2025 habe ich mit ein paar Freunden einen einwöchigen Segelurlaub auf einer gecharterten Segelyacht (einer X-Yachts X-41) auf der Ostsee verbracht. Ich segle seit 40 Jahren, ich funke seit 6 Monaten, dementsprechend hatte ich bei letzterem noch viel zu lernen :-)

Was mich interessiert, ist, wie man Kurzwelle auf Charteryachten machen kann. Das Gelernte möchte ich hier wiedergeben. Meine Motivation war hoch, denn Segeln in der Ostsee heißt vor allem Dänemark, und das bedeutet auch, dass man mit E-Klasse quasi auf alle Bänder darf. Ein wahres E-Klassen-Mekka!

Im Vorfeld habe ich versucht zu recherchieren, wie man das mit der Kurzwelle auf Segelyachten am besten macht.

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(Bild: Begriffserklärung für nichtsegelnde Funker)

Gefunden habe ich den üblichen „isolierten Achterstag” als Langdraht-/Random-Wire-Antenne sowie wie man für passende Erdung durch Einbringen von Kupfernetzen im Rumpf sorgen kann - viel mehr eigentlich nicht. All das geht aber bei Charteryachten nicht, da der Achterstag typischerweise nicht isoliert, sondern mit dem Mast und den sonstigen Drahtseilen leitend verbunden ist. An eine Umbau ist nicht nicht zu denken. Man muss mit dem arbeiten, was da ist.

Trotzdem habe ich im Vorfeld mit Random Wire an einem Langdrahttuner (MAT-40) experimentiert und bei der Gelegenheit – und dem Versuch, auf 160m QRV zu werden – gelernt, dass Random Wire überhaupt nicht „Random” ist, sondern eher kniffelig, da man Vielfaches von ƛ/4 der relevanten Bänder vermeiden muss. Siehe (https://www.hamuniverse.com/randomwireantennalengths.html) Am – typischerweise aus Stahl gefertigten – Achterstag habe ich keinen funktionierenden Antennendraht erwartet. Die Hoffnung war, den Draht mit der Dirk vom Heckkorb aus hochziehen zu können, so dass es beim Segeln nicht stört.

Im Endeffekt reiste ich mit folgender Ausrüstung an:

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  • 20m Draht (mit 1m-Markierung ab 10m) an einem Isolator und parallel dazu eine 4mm-Leine, damit man das Zeug auch wirklich sicher runterbekommt. Der von mir verwendete Draht hat eine Bruchlast von 60kg, aber Leinen auf Charterschiffen können erstaunlich schwergängig sein. Dazu ein MAT-40 Langdraht-Tuner
  • Meine billige 5,6m-Teleskopantenne, die ich sonst sehr erfolgreich auf 10-15m verwende
  • Eine Vertikal Portabelantenne mit Verlängerungsspule (Komunica HF Pro-2-Plus) und einen Aliexpress-Antennenfuß
  • Ein Yaesu FT-891 Kurzwellenfunkgerät
  • Ein 12V Akku (der allgegenwärtige EREMIT Akku), den ich an einem 12V Ladegerät betreibe. Das ist die Konstruktion aus meinem Auto – auch darf ich keine baulichen Veränderungen/dauerhaften Einbauten vornehmen. Also lade ich den Akku kontinuierlich mit geringer Leistung an einem Zigarettenanzünder-Steckdose, und daran hängt parallel das Funkgerät. Solange ich mit dem Funkgerät im Durchschnitt weniger als die Ladeleistung von bei mir typischen 50W nicht überschreite, kann ich unendlich lange funken. Das Funkgerät nimmt maximal 23A auf, aber dank des Akkus kann ich an einer einfachen 12V-Steckdose (oder auch ohne diese) funken, ohne Stecker oder Bordnetz zu überfordern. Die Zigarettenanzünder-Dosen sind vielleicht nominal 10A, aber mehr als 5A Dauerstrom würde ich da keinesfalls entnehmen. Aus meiner Drohnen-Zeit habe ich zwei geschmolzene Stecker als Indiz das dies nicht funktioniert. Bonus: Ich kann auch mit reinem Batteriebetrieb portabel arbeiten. Diese Konstruktion funktioniert wirklich gut: 2 Monate später habe ich auf die gleiche Weise den IARU HF Contest bestritten.

Was ich in einer Woche bei schönstem Segelwetter in Dänemark gelernt habe:

Kurzwelle im Hafen Fehlanzeige

Wir waren typischerweise von einer Unmenge von ~20m hohen Aluminiummasten bzw. ihrem stählernen stehenden Gut (Drahtseilen) umgeben. Daran habe ich vorher nicht wirklich gedacht. Da ging nichts, zumindest mit der Vertikalantenne. Da half es auch nicht, dass unser Schiff eher vornehm metallarm war: Dyneema-Achterstag und Carbon-Rigg \o/.

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(Bild: keine gute Umgebung für KW Antennen)

Ich habe es auch mit der Langdraht-Antenne versucht und jeweils 15m Antennendraht hochgezogen. Das Ergebnis ist besser als mit der Vertical, aber auch ernüchternd: Schiffe haben Ladegeräte, die im Hafen die Akkus laden. Sprich: Sehr viele Störungen. Um überhaupt etwas zu hören (und minimal zu arbeiten) zu können, habe ich bei uns selbst immer die Sicherung ziehen müssen. Dann habe ich ein paar mühsame Verbindungen hinbekommen. Nun ist Hafen nicht gleich Hafen – ein verträumter Mini-Hafen mit drei Yachten mag das anders sein. Generell habe ich die “Random Wire” als sehr noisy wahrgenommen. Einen Langdrahttuner würde ich nicht nochmal mitnehmen. Dann vielleicht eher eine (Junior) ZS6BKW.

Danish QRM

Die Störungen im Stadthafen von Svendborg waren schon spektakulär. Hypothese: Haben Dänen extra störungsreiche Solaranlagen? Fehlt eine Wikingernetzagentur?

Strand statt Hafen

Im Hafen ist die, wie ich finde, beste Strategie für mich: Nimm den Kram und setz dich an den Strand (wenn es einen gibt) oder ans Wasser abseits der Schiffe. Da habe ich mit der Vertikalantenne auf 15m,20m,40m einige feine Verbindungen gemacht – und entspannend ist es auch, weil „am Strand”.

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(Bild: Etwas abseits der Alu Spargel)

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(Bild: POTA Aktivierung am Strand)

Auf See

Kein Langdraht unter Segeln

Unterwegs war bei uns an den Langdraht nicht zu denken, alleine schon, weil unser Schiff keine Dirk hatte und somit die Möglichkeit fehlte diese zu hissen ohne den Segelbetrieb zu stören. Eine Dirk ist generell auch „aus der Mode” – die Schiffe haben ein Großfall und einen Kicker (Baumstütze), das war’s. Eines der Spinnakerfallen hätte man missbrauchen können, aber das ist nicht unproblematisch, weil diese vorne aus dem Mast kommen und auch von der Rolle springen können. Außerdem fahre ich mit „segelaktiven” Menschen, die gerne “Decksspiele” machen und mit Spinnaker und Code 0 hantieren. Sprich: Das wird gebraucht, und ich wollte nicht im Weg sein. Priorität war und ist der Betrieb des Schiffes. ;-)

Portabel Antenne

Was am Ende ganz gut funktioniert hat, war die Portabel-Antenne am Heckkorb provisorisch zu befestigen (Fachbegriff: “dranmcgyvern”) Ich habe eine Schraubklemme für Antennen und 2 Kabelbinder verwendet. Bis zum 20m-Band ist man mit der 5,6m-Teleskopantenne gut bedient, aber diese ist für ein sich bewegendes Schiff zu lang. Wenn es sich wirklich bewegt, wird das Teleskop das mechanisch nicht überstehen.

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(Bild: Bei mehr Welle wäre die Teleskopantenne vermutlich schnell ab)

Bei allem über 15m braucht man etwas mit Verlängerungsspule, damit die Antenne nicht insgesamt zu lang wird. In meinem Fall die Komunica HF Pro. Es gibt ein breites Angebot an für portablen Einsatz gedachte Antennen, die sich hier eignen. In Zukunft würde ich der höheren Effizienz wegen vielleicht mit einem Center-Loaded Vertical probieren die angeblich auch etwas weniger empfindlich auf unzureichende Groundplan reagiert.

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Erfolgsfaktor Erdung

Das zentrale Problem scheint Erdung/Gegengewicht zu sein. Ich hatte große Probleme, die Verticals unterhalb von 15m (also 20&40) abgestimmt zu bekommen, so dass ich ein halbwegs akzeptables Stehwellenverhältnis (< 3) hatte.

Wir sprechen hier von Kunststoffschiffen. Bei Stahl-/Alurümpfen ist das alles vermutlich einfacher, aber die gibt es in der Charter auch fast nie. Ich habe es erst damit versucht, die vorhandenen Radiale sinnvoll einzusetzen. Nach dieser Woche ist hier mein persönlicher Plan für die Zukunft:

  1. Bringe eine einfache Möglichkeit mit, die Masse des Antennenfußes an die Seereling anzudocken, und zwar beide Seiten. Ich würde das mit Klemmen (Krokodil?) probieren.
  2. Schleppe >1/4 ƛ Draht hinterher. Ernsthaft. Draht hinten raus hilft bei SWR. Es ist verblüffend. Der sollte dann blank sein, verzinntes Kupfer, damit er nicht sofort oxidiert. Ach so, und vorm Hafen einholen nicht vergessen. Wir wurden unterwegs von einer anderen Yacht auf Seefunk angefunkt: „Bei euch hängt was raus.” Antwort war: „Wir haben so einen verrückten Funker an Bord, das muss so.” Immerhin hat uns das ein Foto vom Schiff eingebracht :-)
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D.h. mein Plan für Erdung ist: Heckkorb Backbord, Steuerbord sowie Seereling Backbord, Steuerbord sowie nachgeschleppter Draht.

Denk darüber nach, wie du das so installierst, dass es nicht im Weg ist, um die Mitsegler nicht zu nerven bzw. keine Gefahr zu provozieren. Ich war nachher so weit, dass ich nur noch die Antenne auf den Fuß schrauben musste.

Enjoying Maritime Mobile

„Maritime Mobile” erzeugt durchaus Interesse, und bei mittleren Bedingungen hatte ich zweimal einen Mini-Pileup (mehrere Stationen rufen gleichzeitig), was schon Spaß gemacht hat.

Falls sich jemand nicht mehr erinnert: „Maritime Mobile” ist nur wirklich unterwegs zu verwenden – im Hafen ist es einfach „Mobile”.

Übrigens gibt es eine Menge POTA-Referenzen, die man gut vom Wasser erreicht oder durch die man durchsegeln kann.

Was ich sonst noch so gelernt habe

Segelyachten unterwegs sind ne raue Umgebung für Funkgeräte, „Rails“ sind wirkich gut zu haben wenn die Sachen durch die Gegend fliegen. Sieh zu das du auch bei aufgestellten Gerät wirklich guten Schutz gegen Verrutschen hast & eine sinnvolle Aufbewahrung helfen (ich verwende dazu einen eigenen Rucksack in den das FT-891 gut passt).

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(Bild: Eine Segelyacht ist ein Shack mit besonderen Eigenschaften)

Obacht HF. Ich habe mit bis zu 100W gesendet. Die Bordelektronik hat das gut vertragen, insbesondere der Navi Computer, Autopilot und GNSS. Unser Skipper war so schlau darauf zu bestehen das ich die RF-Verträglichkeit teste, bevor wir auf See sind.
Die Störungen im GPS/GNSS konnten wir dann doch der russischen Marine in der Nähe zuordnen. Das ist wirklich scary, interessant das man darüber wenig hört.

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(Bild: CQ CQ DE OZ/DA6TA)

Die Bordelektrik ist da nicht so robust. Sind halt Kabel. Töne aus Boxen im Cockpit oder blinkende LED Lampen im Salon gab es schon.

Wenn du wie ich mit nicht-Amateurfunker:innen segelst : Die waren erstmal interessiert und dann aber auch nach dem 12ten QSO genervt („Wir wissen jetzt wirklich das wir auf einer Yacht in dänischem Gewässern sind, meh“). Bringe Kopfhörer mit und verkrümel dich zur Not. Ich habe da mit einem Bluetooth Dongle meine AirPods verwendet, ging super und wenig Kabelsalat.

Und zum Schluss: Vergiss nicht das du nicht nur zum Funken hier bist :-)

Ich freue mich schon auf die nächsten Segeltörn, dann mit weniger aber dafür passender Ausrüstung.

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Habt ihr Erfahrungen mit Kurzwelle auf Segelyachten oder Inhalte die dazu passen?

Über Rückmeldung würde ich mich freuen. Mastodon: @dl9et@radiosocial.de Email: anker_gurtband_1g (at) icloud.com